Krebsforschung

Die nachfolgenden Informationen wurden mit freundlicher Genehmigung des Verlages F.A. Brockhaus, Mannheim, entnommen aus „Der Gesundheitsbrockhaus“.

Krebs

Alle bösartigen Erkrankungen, die durch eine unkontrollierte Vermehrung von veränderten Zellen gekennzeichnet sind, werden als Krebs bezeichnet. Diese Zellen können das umliegende Gewebe zerstören und Tochtergeschwülste ausbilden. In den meisten Fällen stammt der Krebs von einer einzigen entarteten Zelle mit bösartigen Eigenschaften ab: unbehandelt führt er zum Tode.

Häufigkeit * 

Pro Jahr erkranken in Deutschland ungefähr 4000 Menschen pro 1 Million Einwohner an Krebs, darunter etwa 50 Kinder. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit zu erkranken individuell verschieden und hängt von Erbfaktoren und Umwelteinflüssen ab (Krebsentstehung). Zudem ist die Häufigkeit und Verteilung der einzelnen Krebserkrankungen geschlechtsspezifisch (siehe folgende Tabelle).

 FrauenMänner
Mund, Rachen2%5%
Haut1%1%
Brustdrüse28%
Lunge5%22%
Speiseröhre, Magen,
Bauchspeicheldrüse
8%10%
Dickdarm, Enddarm15%15%
Gebärmutter, Eierstöcke18%
Prostata17%
Harnwege4%8%
Blut, Lymphknoten7%9%

Vorbeugung

Die konsequente Vermeidung einiger Krebs erregender Umweltfaktoren ist eine Möglichkeit, um das Risiko einer Krebserkrankung zu verringern: Zigarettenrauchen und Sonnen(bank)exposition spielen dabei eine besondere Rolle, da sie relativ häufig als Krebsauslöser verantwortlich gemacht werden können. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Vorsichtsmaßnahmen gegen Krebsgifte am Arbeitsplatz ist eine wichtige Voraussetzung zur Vorbeugung gegen Berufskrebs. Eine vorbeugende Behandlung kommt bei Krankheitsprozessen infrage, von denen bekannt ist, dass sie häufig in eine Krebskrankheit münden. Ein Beispiel dafür ist die teilweise Entfernung des Dickdarms bei Dickdarmgeschwülsten ab einer bestimmten Größe.
Die meisten Krebserkrankungen treffen jedoch Menschen, bei denen keine speziellen Risiken bekannt sind. Deswegen spielt die Krebsfrüherkennung eine entscheidende Rolle, da generell die Behandlung von Krebs erfolgreicher verläuft, je früher er diagnostiziert wird. Dazu bieten die Krankenkassen besonders für häufig vorkommende Krebsarten kostenlose Vorsorgeuntersuchungen an.

Diagnosestellung

Oft entsteht ein erster Verdacht auf eine mögliche Krebserkrankung zufällig bei einem Gespräch im Rahmen eines Arztbesuchs: Allgemeine Schwäche, Veränderungen der Stuhlgewohnheiten oder der Regelblutung, nächtliches Schwitzen, ungewollter Gewichtsverlust oder Blutbeimengungen zum Stuhl können Hinweise auf eine bösartige Erkrankung sein, müssen es aber nicht. Bei körperlichen Routineuntersuchungen fallen evtl. Organvergrößerungen, besonders geformte und gefärbte Leberflecken oder große Lymphknoten auf. Ein verändertes Blutbild kann den Verdacht auf eine Krebserkrankung erhärten.
Die gezielte Suche nach Krebs erfolgt mit geeigneter bildgebender Diagnostik, z. B. Röntgenuntersuchung, Mammographie oder Computertomographie. Daran anschließen wird sich häufig eine Probeentnahme von Tumorgewebe zur feingeweblichen Untersuchung. Dies erlaubt dann die genaue Diagnose sowie eine Aussage über den Reifegrad der Geschwulst (Grading). Aufgrund von Art und Entwicklungsstufe des Tumors lassen sich dann Ausdehnungs- und Streuungswege vorhersagen; an diesen Orten wird im Rahmen des Staging nach Tochtergeschwülsten gesucht.

Behandlung

Seit den Fünfzigerjahren hat sich die Überlebenswahrscheinlichkeit für Betroffene mit bösartigen Erkrankungen erheblich erhöht, sowohl aufgrund einer verbesserten Diagnostik als auch wegen verfeinerter chirurgischer Methoden, der Einführung von kombinierten Chemotherapien und verbesserter Bestrahlungsverfahren. In den meisten Fällen wird Krebs in einem Stadium diagnostiziert, in dem die Krankheit grundsätzlich heilbar ist. Die dafür ausgewählte Therapieform richtet sich nach der Grundkrankheit, Ausbreitung und Grad der Bösartigkeit und ist weitgehend standardisiert.

Krebszellen teilen sich schneller und häufiger als die meisten normalen Zellen. Für die Chemotherapie werden daher Krebsmittel eingesetzt, die sich teilende Zellen abtöten können (Zytostatika). Nebenwirkungen sind gemäß der Wirkweise v.a. bei Geweben mit hohem Zellumsatz zu erwarten, also bei Haut, Haaren, Schleimhäuten, Keimdrüsen und im Knochenmark. Die Unterdrückung des Knochenmarks und damit der Immunzellen im Blut hat eine hohe Infektanfälligkeit zur Folge. Die Zerstörung von Keimdrüsen kann zur Unfruchtbarkeit führen. Weitere häufige Nebenwirkungen sind Übelkeit und Erbrechen. Die Strahlentherapie zeigt ähnliche Wirkungen und Nebenwirkungen wie die Chemotherapie. Sie wird mit Röntgenröhren, äußeren Radioaktivitätsquellen oder radioaktiven Substanzen, die direkt in den Tumor eingebracht werden, durchgeführt. Die Tumorchirurgie dient der Entfernung der eigentlichen Geschwulst sowie befallener Lymphknoten oder der Tochtergeschwülste. Soll sie vollständige Heilung bringen, muss auch genügend umliegendes, scheinbar gesundes Gewebe weggeschnitten werden. Dies wird durch eine Schnellschnittuntersuchung während der Operation überprüft.
Immuntherapien mit gentechnisch hergestellten Immunstimulantien, z.B. Interferonen und Interleukinen, können die natürliche Zerstörung von Krebszellen durch das Immunsystem verstärken. Eine alleinige Immuntherapie führt bislang nicht zu einer Heilung, ist jedoch als unterstützende Therapie bei bestimmten Krebsarten gut etabliert. Zu den immunologischen Therapien zählt im weiteren Sinne auch die allogene Knochenmarktransplantation, da das verpflanzte Knochenmark verbliebene Krebszellen auf immunologischem Wege vernichtet. Eine weitere Therapieform ist bei bestimmten Krebsarten die Hormonbehandlung. Durch die Kombination von zwei oder mehreren Therapieformen können die Wirkung verbessert und das Nebenwirkungspotential verringert werden: Chemotherapeutika können z. B. in geringerer Menge eingesetzt werden, wenn vorher der Tumor zumindest teilweise chirurgisch entfernt wurde. Außer diesen Standardbehandlungen gibt es viel versprechende experimentelle Ansätze zur Krebsbehandlung: Kombinierte Radio-Chemotherapie, Hyperthermie, Gentherapie bei Hirntumoren und Sauerstoffüberdrucktherapie plus Isotopentherapie bei Neuroblastomen. Eine Heilung ist momentan jedoch vermutlich von keiner dieser Methoden zu erwarten. Umstrittene Außenseitermethoden sind z. B. Misteltherapie, Homöopathie oder Diäten (Krebstherapie, alternative).

Heilungsaussichten

Die Diagnose einer Krebserkrankung ist keineswegs mit einem Todesurteil gleichzusetzen! Insgesamt überleben die Hälfte aller Krebskranken ihre Erkrankung, bei Kindern sogar mehr als zwei Drittel. Natürlich ist die Heilungsaussicht v.a. abhängig von Art, Stadium und Ausbreitung des Krebses. Von Bedeutung ist auch die Lokalisation des Tumors: Liegt eine Krebsgeschwulst in der Nähe von Blutgefäßen oder Nerven, kann eine vollständige Heilung durch Operation unmöglich sein. Auch der individuelle Gesundheitszustand und das Alter beeinflussen die Möglichkeiten der Behandlung.

Remission und Heilung

Nach Abschluss der Krebstherapie wird ein Re-Staging durchgeführt. Dabei beurteilt der Arzt, wie der Krebs auf die Therapie angesprochen hat: Ein Tumor kann während der Therapie weiterwachsen oder unverändert bestehen bleiben – beides ist als ungünstiges Zeichen zu bewerten. Spricht er teilweise auf die Behandlung an, liegt eine Teilremission vor. Sind keine Anzeichen des Krebses mehr nachweisbar, spricht man von einer Vollremission.
Der Remissionsstatus ist ein günstiges Zeichen, aber nicht mit einer Heilung gleichzusetzen, da die Zahl der Krebszellen durch die Behandlung lediglich unter die Nachweisgrenze verringert wird. Auch wenige verbliebene Zellen können dazu führen, dass der Krebs wieder auftritt (Rezidiv). Erst nach einer für die verschiedenen Krebsarten sehr unterschiedlichen, mehrjährigen Remissionsdauer, die durch Erfahrungswerte ermittelt wird, kann von einer Heilung ausgegangen werden. Durch Nachsorgeuntersuchungen muss während dieser Zeit sichergestellt werden, dass ein Wiederauftreten des Krebses rechtzeitig erkannt wird, sodass eine wirksame Rezidivtherapie möglich ist.

Schmerztherapie

Für eine Schmerzbehandlung steht eine Reihe von Methoden zur Verfügung. In erster Linie sind hier Medikamente zu nennen, die nach einem von der WHO empfohlenen Schema eingesetzt werden. Dabei wird der Arzt die Präparate so auswählen und dosieren, dass der Kranke den größten Teil des Tages bzw. völlig ohne Schmerzen ist. Versagen Medikamente, so können chirurgische, neurochirurgische oder strahlentherapeutische Eingriffe hilfreich sein. Weitere Methoden sind die Elektrostimulation (TENS) und die Rückenmarksanalgesie.

Betreuung von Krebspatienten

Hat sich eine Krebskrankheit als nicht heilbar herausgestellt, so muss im Dialog zwischen dem Betroffenen, dessen Angehörigen, den Ärzten und den Pflegenden ein individuelles Maß an lebens- bzw. sterbebegleitenden Maßnahmen gefunden werden. Die Aufgabe der Ärzte und Pflegenden verschiebt sich zugunsten der Betreuung. Niedrig dosierte Chemo- oder Strahlentherapien, Operationen oder Immuntherapien können das Leben verlängern, wobei im Einzelfall entschieden werden muss, ob dies auch ein Mehr an Lebensqualität bedeutet. Von sehr großer Bedeutung ist die psychische Betreuung. Als Grundsatz gilt: so wenig Krankenhaus und einschneidende Maßnahmen wie möglich.

* Aktuelle Zahlen zur Häufigkeit einzelner Krebsarten sind zu finden auf der Website der Agency for Research on Cancer (eine WHO-Organisation) unter https://www.iarc.fr